Von Ursula Storck
Zu den prägenden Elementen der Kirche Mater Dolorosa in Berlin-Lankwitz gehören die drei Bogenfenster in der westlichen Wand des Chorraumes. Selbst an trüben Tagen leuchten sie in satten Farben, wenn man durch die Glastür in die nicht beleuchtete Kirche schaut. Sie ziehen den Blick des Besuchers geradezu magisch an.
Die drei Chorfenster gehen auf den Entwurf von Christoph Hehl zurück. Carl Kühn, der nach dem frühen Tod von Hehl die 1912 geweihte Kirche erbaute, errichtete eine geschlossene Wand mit einer Konche, in der später eine Pietà aus Carrara-Marmor aufgestellt wurde. Beim Brand am 24. August 1943 wurde die Skulptur zerstört.
Nach dem Krieg erhielt der Chorraum eine Zwischendecke, die erst 1983 / 1984 entfernt wurde, als der Architekt Raimund Szafranski die Kirche erneut umbaute, die Basilika-Form wiederherstellte und den Chorraum, der bisher abgetrennt war, wieder in die Kirche einbezog.
Nun ergab sich die Frage nach der Gestaltung der drei Chorfenster, die in der Außenwand der Kirche vorhanden waren. Nach eingehenden Beratungen mit Gemeindevertretern und dem Pfarrer Michael Schlede einigte man sich auf die von dem Glaskünstler Helmut Nitzsche aus Schwarzenfels an der Rhön nach langem Meditieren gefundene Lösung.
Im Juli 1986 legte er seinen Entwurf vor. Seine Idee: Wie durch Fenster schauen wir das Ziel unseres Erdenweges, „Das Himmlische Jerusalem“.
Mit farbigen Bildern wird das Himmlische Jerusalem im Kapitel 21 der Geheimen Offenbarung des Johannes aber auch schon früher bei anderen Propheten des Alten Bundes geschildert: die Grundsteine und die Stadtmauer sind aus kostbaren Edelsteinen gebaut, die Tore sind zwölf Perlen, die Stadt braucht weder Sonne noch Mond, denn Gott wohnt mitten unter den Menschen und ist ihr Licht. Alle Leiden des Erdenlebens müssen vor der Freude verblassen, die uns dort erwartet, denn: „Er wird alle Tränen abwischen von ihren Augen.“
Bei unseren Fenstern entdeckt man unten die Mauer aus Amethyst, die im unteren Drittel aller drei Fenster verläuft. Mir scheint, dass im linken Fenster unten der 1943 ausgebrannte Gewölbebogen der Kirche angedeutet ist und das leuchtende Rot, das sich an das Amethyst anschließt, einerseits für Rubin stehen könnte aber auch für die Flammen, die das Alte verzehren, damit das Neue daraus hervorgehen kann. Die Straßen im Himmlischen Jerusalem sollen aus „Gold wie aus Glas“ sein. Nichts ist zu kostbar, um diesen Ort unserer Sehnsucht zu schmücken. Und in Goldtönen leuchten die oberen zwei Drittel. Im mittleren Fenster ist eine Gestalt angedeutet, die ihre Arme segnend ausbreitet. Sie scheint uns willkommen zu heißen, wie der Vater den verlorenen Sohn im Gleichnis Jesu. Im rechten Fenster unten könnte die halbrunde rote Form auch eine untergehende Sonne sein, Symbol für Altes und Überholtes.
Das Himmlische Jerusalem ist ein Bild für überwundenes Leid, ein Bild für die christliche Hoffnung, das Mut machen soll. Aus dem Paradies wurden wir einst durch unsere Vermessenheit vertrieben. Ins Himmlische Jerusalem kehren wir am Ende unserer Wege heim, in die ewige Gemeinschaft mit dem liebenden Gott, in seine geöffneten Arme.