Mater Dolorosa Berlin-Lankwitz

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Franz Nafe

Franz Nafe (* 31. Juli 1879; † 7. Dezember 1942 in Berlin-Wilmersdorf) war der erste Kuratus und Pfarrer unserer Pfarrgemeinde Mater Dolorosa.

Leben

Pfarrer Franz Nafe

Franz Nafe wurde am 31. Juni 1879 geboren und stammte aus Leuber (heute: Lubrza der polnischen Woiwodschaft Oppeln) im Kreis Neustadt (heute: Prudnik) in Oberschlesien. Seine Priesterweihe erhielt er am 20. Juni 1903.

Spätestens seit April 1910 war er als katholischer Seelsorger für Lankwitz zuständig und wurde am 1. April 1911 Kuratus der Kuratie Lankwitz, die zur Groß-Lichterfelder Gemeinde Heilige Familie gehörte, wo der Erbauer unserer Pfarrkirche, Maximilian Beyer als Pfarrer wirkte. Als die Kuratie am 21. Mai 1921 zur Pfarrei erhoben wurde, wurde Kuratus Franz Nafe zum Pfarrer der neuen eigenständigen Gemeinde. Später wurden ihm die geistlichen Titel Monsignore, Erzpriester, Geistlicher Rat (1937) und Päpstlicher Geheimkämmerer verliehen.

Nach längerer Krankheit wurde er am 1. Oktober 1939 von seinem Nachfolger Johannes Pinsk abgelöst und starb am 7. Dezember 1942 in der Gemeinde St. Ludwig in Berlin-Wilmersdorf.

Wirken

Vorgeschichte

Vor Einrichtung einer Kuratie in Lankwitz im Jahr 1911 war für die seelsorgliche Betreuung der Lankwitzer Katholiken zunächst Pfarrer Maximilian Beyer von der Lichterfelder Muttergemeinde Heilige Familie zuständig. Nachdem die von Pfarrer Beyer ebenfalls seelsorgerisch stets betreute und geförderte „Wöchnerinnenzuflucht zur Heiligen Monika“ (Sankt Monikastift), eine Einrichtung für ungewollt schwanger gewordene Mädchen, auch kurz Sankt Monikastift genannt, im Oktober 1904 von Friedenau nach Lankwitz in die Frobenstraße 1 gezogen war, weihte Pfarrer Beyer die dortige Hauskapelle im November 1904. Fortan konnte zunächst mittwochs für die Zöglinge der Wöchnerinnenzuflucht wie auch für Lankwitzer Katholiken eine Messe durch den Pfarrer oder einen Lichterfelder Kaplan abgehalten werden. Wenig darauf waren auch zwei wöchentliche Messen möglich, wenn auch nur wochentags. Für sonn- und festtägliche Gottesdienste mussten die Lankwitzer Katholiken zunächst sehr lange Wege zur Lichterfelder Mutterkirche Heilige Familie auf sich nehmen. Die Wöchnerinnenzuflucht wurde anfangs von einer staatlichen Pflegerin geleitet. Im Jahr 1906 übernahmen Schwestern von der Heiligen Elisabeth die Pflegeleitung, auch weil Pfarrer Beyer sich dadurch erhoffte, dass die Grauen Schwestern erzieherisch die in Not geratenen Mädchen günstiger beeinflussen könnten als staatliche Pflegerinnen.

Auch auf Drängen Lankwitzer Katholiken, deren Zahl durch die Erschließung neuer Wohnviertel in Lankwitz ständig zunahm und um 1908 ungefähr bei 1500 Seelen lag, wurden ab Ostern 1908 Sonntags- und Festtagsgottesdienste in der im Stift eingerichteten Kapelle eingerichtet. In zwei benachbarten Zimmern konnten 80 bis 100 Personen an der Messfeier teilnehmen. Neben den Tätigkeiten in der Lichterfelder Muttergemeinde konnte die seelsorgliche Betreuung der Lankwitzer Katholiken nun nicht mehr nur von Pfarrer Beyer und einem Lichterfelder Kaplan bewältigt werden.

Kuratus Nafe

Kuratus Franz Nafe

So erreichte Pfarrer Beyer nach einem entsprechenden Antrag an den Fürstbischof von Breslau, dass der bereits in der Verbandsarbeit in Berlin tätige Kuratus Franz Nafe am 9. April 1911, dem Passionssonntag des Jahres, in sein Amt als Geistlicher für die am 1. April 1911 eingerichtete Kuratie Lankwitz in der Kapelle des Sankt Monikastiftes eingeführt werden konnte. Kuratus Nafe half laut Pfarrchronik seit 1907 schon desöfteren in Lankwitz aus und war spätestens seit April 1910 zur Wahrnehmung seines Hauptamtes (vermutlich als Schulseelsorger) Mitglied der Schulddeputation in einem Verwaltungsausschuss der Gemeindeverwaltung.

Neben den Lankwitzer Katholiken betreute Kuratus Nafe auch die Seelsorgestellen Osdorf, Heinersdorf und Groß-, Klein- und Neubeeren. In seiner Anfangszeit als Lankwitzer Seelsorger wohnte er in der Dessauer Straße 2 A bis zur Errichtung der Kirche Mater Dolorosa nebst Pfarrhaus im September 1912.

Pfarrer Nafe

Am 21. Mai 1921, dem Vorabend zum Fest der Dreifaltigkeit, wurde die Gemeinde Mater Dolorosa eine eigene Pfarrei und damit Kuratus Nafe zum Pfarrer der Lankwitzer Katholiken ernannt. Die Investitur des Pfarrers wurde sehr feierlich in der geschmückten Kirche begangen; Girlanden tragende Mädchen, Fahnen schwenkende Chorknaben, Vertreter der verschiedenen Vereine und die Gemeinde geleiteten den Pfarrer in feierlicher Prozession in die Kirche. Am darauffolgenden Montag fand eine weltliche Feier in Lehmanns Festsälen statt.

Die 28 Jahre seiner Tätigkeit in unserer Gemeinde fallen in eine politisch bedingt recht unruhige Zeitspanne. Diese umfasste die Gründung der Gemeinde noch in der Kaiserzeit, den Ersten Weltkrieg mit seiner entbehrungsreichen und armutsgeprägten Nachkriegszeit, die politischen Unruhen während der Weimarer Republik, die schwierige Zeit der Weltwirtschaftskrise und die Unterdrückung, Angst und den Schrecken unter der Nazidiktatur.

Beim Aufbau der Gemeinde Mater Dolorosa kümmerte sich der Priester Franz Nafe sehr um die gemeindeeigene Verbands- und Vereinsarbeit und bemühte sich stets um eine gute Kommunikation unter den Gemeindemitgliedern. Zur Pflege intensiver Kontakte bot er insbesondere auch den jüngeren Familien, die oftmals familienbedingt nicht so sehr am Verbandsleben teilhaben konnten, ab 1925 sogenannte „Familienabende“ an, die sowohl dem Austausch über religiöse Themen als auch dem geselligen Beisammensein dienten. Am Fronleichnamstage unternahm die gesamte Gemeinde einen Ausflug zum Restaurant am Karpfenteich. Während die Erwachsenen dort Kaffee- und Tanzkränzchen hielten, organisierten die Jugendlichen für die Kinder einen Spielenachmittag. Höhepunkt war dann oft bei beginnender Dunkelheit der Fackellauf um den Karpfenteich.

Neuen Ideen gegenüber zeigte Pfarrer Nafe sich aufgeschlossen. So rief er Anfang der Dreißiger Jahre eine „Gemeinschaftsmesse“ ins Leben, in der er die Gemeinde zur aktiveren Anteilnahme an den Gottesdiensten ermunterte. Dieses erreichte er mit Hilfe der Jugendlichen, die auch unterstützt durch verschiedene Instrumente der Gemeinde Rezitationen und modernere Lieder darboten. In diese Zeit fällt auch der Beginn des Choralgesanges in Mater Dolorosa, den er wegen seiner Aufgeschlossenheit der liturgischen Bewegung gegenüber in unserer Gemeinde etablierte. Die „liturgische Bewegung“ ist eine Bestrebung aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die eine Erneuerung und Vertiefung des Verständnisses der kirchlichen Liturgie unter den Gläubigen zum Ziel hatte. Dadurch erlebte der Gregorianische Gesang eine neue Blüte. Schon 1936 Jahre lernte die Gemeinde vom Benediktinerpater Michael von Witowski während einer liturgischen Woche die achte Choralmesse, die Missa de Angelis, zu singen.

Weiterhin war er ein Vertreter der damals unüblichen Frühkommunion von Schulkindern ohne aber auf die Anhänger alter Traditionen Zwang auszuüben. Neben Rosenkranzandachten bot er auch regelmäßige Kindermessen an.

Ein Gemeindemitglied aus der Anfangszeit schildert Pfarrer Nafe wie folgt: “Franz Nafe war ein Pfarrer von echtem Schrot und Korn: herzhaft bis zur Deftigkeit, stets offen für jedermann, humorvoll und gesellig.“ Desweiteren wird er als gütig und väterlich beschrieben. Oft sah man ihn auch durch die Straßen der Gemeinde spazieren, um ein wenig dem Alltag des Pfarrhauses zu entfliehen. So besuchte er auch häufig Familien der Gemeinde, um zu plaudern und mit den Kindern Mühle und andere Brettspiele zu spielen. „Besonders Kirsch- und Streuselkuchen aß er bei seinen Familienbesuchen sehr gerne“, weiß ein betagtes Gemeindemitglied noch zu berichten. Als Mitbringsel für die Familien waren seine Lämmer aus Butter besonders für die Kinder eindrucksvoll.

Den Pfarrhaushalt versorgte zunächst seine Cousine Philomena Hettwer, in den letzten Jahren seine Schwester Hedwig Kafarnik, die früh verwitwet war.

Pfarrer Franz Nafe hatte einen Sinn für die alltäglichen Schwächen und Nöte des Lebens und zeigte sich bei Problemlösungen stets praktisch denkend. Um die Anschaffung neuer Kirchenglocken – die alten waren während des Ersten Weltkriegs eingeschmolzen worden – finanzieren zu können, stellte er das gesamte Pfarrhaus für einen sogenannten „Glocken-Basar“ zur Verfügung.

Für die vielen Verwundeten, Kriegswitwen und –waisen organisierte er unterschiedliche soziale Hilfen. Er ließ „Pfundspenden“ von Lebensmitteln für Bedürftige in Körben in der Kirche sammeln und ermunterte Gemeindemitglieder dazu, ärmeren Gemeindemitgliedern ab und zu ein Mittagessen – die Einrichtung sogenannter Freitische - zu ermöglichen. Bald konnten täglich zwölf Freitische angeboten werden. Darüberhinaus organisierte er verschiedene Wohltätigkeitsbasare und verkaufte Ansichtskarten der Innenansicht der Mater Dolorosa-Kirche, um mit den Erlösen auch ärmere Kinder in der Gemeinde beschenken zu können und bedürftige Erstkommunionkinder zu unterstützen.

Sein Ziel der Einrichtung einer katholischen Grundschule auf Lankwitzer Gebiet erreichte er leider nicht. So mussten die Kinder, deren Eltern eine konfessionelle Schule vorzogen, weite Wege bis zur katholischen Grundschule in Lichterfelde oder deren Filiale in Berlin-Steglitz in Kauf nehmen.

In den Jahren der Diktatur der Nazis, als kirchliches Leben zunehmend nur noch in Räumlichkeiten von Kirche und Pfarrhaus stattfand, da katholischer Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen, öffentliche Versammlungen und Prozessionen und die Vereins- und Verbandsarbeit und katholische Kirchenblätter verboten worden waren, predigte er von der Kanzel laut Zeitzeugen gegen die Unterdrückung von Glauben, Recht und Menschlichkeit wie auch gegen die Judenverfolgungen trotz der Anwesenheit mancher Kirchenvorstandsmitglieder in SA-Uniform.

Silbernes Priesterjubiläum von Pfarrer Franz Nafe

Zu seinem silbernen Priesterjubiläum im Jahr 1928 konnte im Pfarrgarten endlich eine Holzlaube errichtet werden, die nun Vereins- und anderen Gemeindeveranstaltungen diente. Dennoch verfolgte Pfarrer Nafe weiterhin hartnäckig den Plan für den Bau eines größeren Gemeindehauses, das unentgeltlich in der Kiesstraße auf dem Grund und Boden des Sankt Monikastiftes errichtet werden durfte. Ab 1935 wurden Spendenkästen für den Gemeindehausbau hinten in der Kirche aufgestellt - öffentliche Sammlungen waren verboten, so dass wie zunächst beabsichtigt kein Gemeindehaus-Sammelverein gegründet werden durfte. So musste heimlich gesammelt werden. Pfarrer Nafe ließ auch Ansichtskarten mit der Kirche drucken, deren Verkaufserlös in den Bautopf floss.

Den Pfarrhaushalt versorgte zunächst seine Cousine Philomena Hettwer, in den letzten Jahren seine Schwester Hedwig Kafarnik, die früh verwitwet war.

Grab von Franz Nafe

Seine letzten Jahre in unserer Gemeinde waren von Krankheit überschattet. Kurz nach dem Silberjubiläum unserer Pfarrkirche im September 1937 starb Pfarrer Maximilian Beyer im Oktober 1937 und Pfarrer Nafe übernahm als sogenannter Pfarrverweser zunächst die Verwaltung der Pfarrei Heilige Familie. Wenige Tage nach seiner Ernennung zum Erzpriester im Dezember 1937 erlitt Pfarrer Nafe einen Schlaganfall und war bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand im Oktober 1939 nicht mehr voll belastbar und einsatzfähig. Zunächst konnte der damalige Kaplan Karl Heinz Möbius, der im März 1937 in unsere Gemeinde gekommen war, die wichtigsten Aufgaben übernehmen. Zusätzliche Unterstützung erhielt er Anfang 1939 durch einen weiteren Kaplan, Norbert Schulz. Die Einweihung des Gemeindehauses in der Kiesstraße im Jahr 1938 durfte er jedoch noch miterleben, hatte er sich doch so lange dafür eingesetzt und unermüdlich Spenden eingesammelt.

Mit seiner Versetzung in den Ruhestand im Oktober 1939 erhielt er den Titel „Monsignore“ als Anerkennung der besonderen Förderung des katholischen Lebens in Berlin.

Die letzten drei Lebensjahre verbrachte Pfarrer Franz Nafe in der Gemeinde St. Ludwig in Berlin-Wilmersdorf. Am 7. Dezember 1942 starb er und wurde nach dem gut besuchten Requiem am 14. Dezember 1942, zu dem er in unserer Kirche aufgebahrt war, auf dem Sankt-Matthias-Friedhof in Berlin-Tempelhof beigesetzt. Sein Grab befindet sich heute in einer gemeinsamen Grablege mit den nachfolgenden Pfarrern der Gemeinde Mater Dolorosa Pfarrer Dr. Johannes Pinsk und Pfarrer Werner Heltemes.

Siehe auch

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