Bachs „Toccata und Fuge in d-moll“ (BWV 565) kann sicher als sein populärstes Orgelwerk gelten, und für viele, die nur geringen Bezug zur Orgelmusik haben, wird es der Inbegriff virtuoser Orgelmusik überhaupt sein. Es mag deshalb verwundern, wenn in der Musikforschung die Frage aufgeworfen werden konnte, ob diese Komposition, statt Original aus Bachs Jugendzeit zu sein, nicht eine Umarbeitung einer unbekannten Violinkomposition sein könnte. Viele Figurationen können jedenfalls als typische Formulierungen für die Geige gehört werden. Andere Historiker zweifeln, ob es überhaupt ein Werk von Bach sein könne, denn die erste Abschrift der Komposition findet sich recht spät, nach Bachs Tod. Die Zweifler haben gute Gründe, gleichwohl bleibt die Frage: Wem sollte man sonst diesen genialen Wurf mit so viel Emotion zutrauen!
Den Anfang des Werkes kann man im Sinne des 18. Jahrhunderts als große rhetorische Geste verstehen. Kurze prägnante Einheiten werden dann kontrastreich nebeneinandergestellt.
Die Fuge ist ebenfalls abwechslungsreich gearbeitet, Kontrastpartien mit echoartigen Akkordbrechungen lockern den Satz auf. Der letzte Teil wird von toccatenhaftem Laufwerk gebildet, ganz ähnlich wie die virtuosen Gesten am Anfang.