Mater Dolorosa Berlin-Lankwitz

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musik:geh_aus_mein_herz_und_suche_freud

Geh aus, mein Herz, und suche Freud‘

Illustration von Ludwig Richter aus dem 19. Jahrhundert

Von Almut Trenkler

Typisch für Paul Gerhardts Dichtung ist die Vielzahl seiner Strophen: Unter zwölf macht er es kaum. Sein wohl beliebtestes Gedicht, das heitere „Geh aus, mein Herz, und suche Freud'“, hat stattliche 15 Strophen. Als Lied werden jedoch heutzutage selten alle Strophen gesungen, schon gar nicht im Gottesdienst. (Das schaffen höchstens die Alt-Lutheraner, deren Messen allerdings auch nicht unter anderthalb Stunden dauern.)

Der Kantor der Nikolaikirche, Johann Crüger, veröffentlichte das Gedicht 1653 in dem von ihm herausgegebenen Gesangbuch, wo es zunächst der Melodie eines anderen Liedes unterlegt wurde. Später wurde es mehrfach vertont, zum Beispiel von dem Nachfolger Johann Crügers, Johann Georg Ebeling. Am bekanntesten ist die Melodie von  August Harder (1775-1813); in dessen Fassung steht das Lied auch im Gotteslob, und zwar mit den acht Strophen 1-3, 8, 10 und 13-15 (Liednummer 826).

Das Gedicht gliedert sich symmetrisch in zwei Blöcke: Die Strophen 1 bis 7 malen ein farbenprächtiges Bild von der Schönheit der Schöpfung in Wald und Feld, bei den verschiedensten Tieren und Pflanzen. Die Strophen 9 bis 15 malen ein Bild vom himmlischen Paradies, das die Schönheiten und Freuden der irdischen Welt noch weit übertrifft. Hiernach sehnt sich der Dichter, demütig bittet er Gott um Aufnahme am Ende seiner Tage und verspricht, ihm allezeit zu dienen. Zwischen diesen beiden Hälften steht zentral in der achten Strophe der Lobpreis Gottes aus dem Mund des Dichters.

In der ersten Strophe wird ein geliebter Mensch angesprochen („Geh aus, mein Herz“), mit dem gemeinsam der Dichter sich an der Schönheit der Schöpfung erfreuen will („wie sie mir und dir sich ausgeschmücket haben“). Vielleicht hat Paul Gerhardt hierbei Anna Maria im Sinn gehabt, die er zwei Jahre später geheiratet hat. Der Anrede eines menschlichen Gegenübers zu Beginn des Gedichts entspricht in der zweiten Hälfte die Hinwendung zu Gott mit einer ebensolchen Anrede („ach süßer Gott“, Strophe 11). So zeigt sich hier beispielhaft, wie kunstvoll Paul Gerhardt seine Gedichte gestaltet und gegliedert hat und dass eigentlich keine Strophe verzichtbar ist.

Wer beim Singen dieses Liedes nicht heiter und beschwingt wird, muss schon sehr grimmig und finster sein. Lassen wir uns doch recht oft anstecken von der Freude, die dem Singen innewohnt, und Kraft schöpfen aus Paul Gerhardts Worten unverbrüchlichen Glaubens, zum Beispiel bei der ein oder anderen Messfeier „in dieser lieben Sommerzeit“ mit dem Lied Nummer 826 aus dem Gotteslob.

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