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+ | =====Johannes Pinsk===== | ||
+ | Dr. Johannes Pinsk (* 4. Februar 1891 in [[http:// | ||
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+ | =====Leben===== | ||
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+ | Als Nachfolger für den schwer erkrankten [[Pfarrer]] [[Franz Nafe]] kam am 1. Oktober 1939 der Studenten- und Akademikerseelsorger Dr. Johannes Pinsk zu uns in die Gemeinde. Die 15 Jahre seines Wirkens in unserer Pfarrei fielen in die angstvolle Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft mit Krieg und Unterdrückung und die entbehrungsreiche Nachkriegszeit. In einer Zeit, wo äußere kirchliche Aktivitäten längst verboten, der Tod und der materielle Verlust allgegenwärtig waren, bot er der Gemeinde Halt und Orientierung. Er zeigte der Gemeinde durch die Vermittlung seines Glaubens- und Liturgieverständnisses und die Konzentration auf das Wesentliche den Weg zur Glaubensfreude und schuf einen Ort, wo Frieden, Freude und innere Freiheit herrschten. Besonders die damalige Pfarrjugend hat Pfarrer Pinsk stark geprägt. In den Nachkriegsjahren stellte er seine Kräfte und finanziellen Mittel ganz dem Wiederaufbau der [[: | ||
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+ | Johannes Pinsk zählt zu den wichtigen Theologen des Bistums Berlin und hat mit seinen Anregungen und Überzeugungen auch über unser Bistum hinaus viel Anerkennung gefunden. Sein ganzes Leben hat er sich für eine Erneuerung der Liturgie eingesetzt und gilt damit auch - wenn auch mit Einschränkungen, | ||
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+ | ====Breslauer Zeit==== | ||
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+ | Johannes Pinsk wurde am 4. Februar 1891 in Stettin geboren, wo er auch seine Schulzeit verbrachte. Nach seinem Abitur begann er 1911, in Breslau Theologie zu studieren. Aufgrund einer ersten wissenschaftlichen Arbeit über "die Stellung des Papstes Liberius in den arianischen Streitigkeiten nach dem gegenwärtigen Stande der Quellen und deren Kritik" | ||
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+ | Am 13. Juni 1915 wurde er in Breslau zum Priester geweiht und und begann seine Kaplanstätigkeit als Dritter Kaplan in der Breslauer Pfarrei St. Heinrich. Schon nach kurzer Zeit wurde Johannes Pinsk zum Geheimsekretär von Kardinal Bertram in Breslau ernannt, kehrte aber nach gut zwei Jahren in die Seelsorge zurück und begann 1918 eine Tätigkeit als Kurat bei den Armen Schulschwestern im Mater Dolorosa Stift, als Religionslehrer und als Seelsorger von Studentinnen. Desweiteren widmete er sich auch der wissenschaftlichen Arbeit und promovierte 1923 mit einer Dissertation über die // | ||
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+ | Noch in seiner Breslauer Zeit lernte er über seine Kontakte zum Katholischen Akademikerverband dessen Gründer Dr. Franz-Xaver Münch und Abt Ildefons Herwegen von der Benediktinerabtei Maria Laach kennen, jener Abtei, deren Oblate Pinsk 1933 wurde. Diese beiden Führungspersönlichkeiten haben sein weiteres Leben geprägt. | ||
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+ | ====Berliner Zeit==== | ||
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+ | So wurde Johannes Pinsk auch auf Fürsprache von Münch zum Studenten- und Akademikerseelsorger 1928 als Nachfolger von Carl Sonnenschein nach Berlin berufen. Abt Ildefons Herwegen war neben Romano Guardini und dem Laacher Mönch Odo Casel einer der großen Befürworter und Unterstützer der Liturgischen Bewegung in Deutschland, | ||
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+ | Als begnadeter Redner und Prediger fand er in der Studenten- und Akademikerseelsorge in Berlin und bei seinen vielen Vorträgen auch deutschlandweit eine breite Zuhörerschaft. Die in einer Mietswohnung in der Schlüterstraße 72 in Berlin-Charlottenburg schlicht eingerichtete Sankt-Benedikt-Kapelle wurde durch Pinsk zu einem geistlichen Zentrum. Schon dort zelebrierte er //versus populum// (also "dem Volk zugewandt" | ||
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+ | ====Lankwitzer Zeit==== | ||
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+ | Die Verbindung von Theologie und Seelsorge war ihm wichtig. So gab es für ihn keine lebendige Theologie ohne Seelsorge und keine Seelsorge ohne eine ordentliche Theologie. | ||
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+ | Nach seiner Ernennung zum [[Pfarrer]] von [[:|Mater Dolorosa]] konnte er unsere Gemeinde ganz nach seinen Grundsätzen handelnd ausbilden und formen. Sicherlich war die Umstellung vom eher volksnahen Pfarrer [[Franz Nafe]] auf den intellektuell sehr anspruchsvollen Johannes Pinsk für die Gemeinde nicht ganz einfach. Dennoch fand er in [[http:// | ||
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+ | Dauerten die stets frei gehaltenen Fastenpredigten, | ||
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+ | Eine liturgische Handlung ohne die Beteiligung der Gemeinde stellte für ihn einen liturgischen Widerspruch dar, und so führte er die Gemeinde zu einem aktiven Mitvollzug. Er setzte das bereits unter [[Franz Nafe|Pfarrer Nafe]] eingeführte [[musik: | ||
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+ | Auch das Mitsprechen beziehungsweise -singen des [[http:// | ||
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+ | Die offizielle Gestalt des Gottesdienstes stellte Johannes Pinsk nie infrage, sondern war immer bestrebt, alles dafür zu tun, dass die Gemeinde die offizielle Sprache der Liturgie für den Mitvollzug verstehen konnte. In seiner Konsequenz war er eigen: So sagte er eine Vertretung in einer anderen Kirche ab, als er erfuhr, dass dort im Hochamt deutsche Lieder gesungen werden sollten und keine [[musik: | ||
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+ | Schließlich führte er auch das regelmäßige Beten der Stundengebete [[http:// | ||
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+ | Durch die Zerstörung der Kirche im August 1943 bot sich Pfarrer Pinsk nun auch in Lankwitz die Gelegenheit, | ||
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+ | Der freistehende [[: | ||
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+ | Durch die sich ständig vergrößernde Gemeinde hat sich Pfarrer Pinsk bemüht, einen weiteren Gottesdienststützpunkt in Lankwitz-Nord einzurichten, | ||
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+ | Pfarrer Pinsk hat vielen den Weg in die Kirche erschlossen, | ||
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+ | Erfüllt von einer starken Sehnsucht nach Wiedervereinigung der Christen suchte er oft das Gespräch mit den orthodoxen Christen und Protestanten. So engagierte er sich viele Jahre als einer der wichtigsten Mitarbeiter in der 1938 gegründeten [[http:// | ||
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+ | Pfarrer Johannes Pinsk war ein scharfzüngiger, | ||
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+ | Mit dem damaligen Hauptpriester der russisch-orthodoxen Kirche verband ihn eine respektvolle Freundschaft. Als Freundschaftsbeweis hat dieser unserer Gemeinde auch die schöne russische Marienikone geschenkt, die sich heute im linken Querschiff der Kirche befindet. | ||
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+ | Aber auch mit den Juden stand er im ständigen Dialog und war einigen freundschaftlich verbunden. Er bewunderte deren Frömmigkeit, | ||
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+ | Neben aller Ernsthaftigkeit seiner Predigten und besonderen liturgischen Anliegen zeigte er sich auch als ein sehr humorvoller Mann, der auch gern über sich selbst lachen konnte. Seine damalige Pfarrhelferin Fräulein [[Marie-Theres Görres]] weiß folgende Anekdoten über Pfarrer Pinsk zu berichten: //" | ||
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+ | Die Pfarrjugend hatte ein besonderes Verhältnis zu Pfarrer Pinsk, den sie den " | ||
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+ | Desweiteren animierte er die Jugendlichen zum Theaterspiel. Das Krippenspiel //"Wer klopfet an?"// kam 1946 erstmalig durch die Pfarrjugend zur Aufführung und wurde bis vor kurzem in unserer Gemeinde bereits in der dritten Generation gespielt. | ||
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+ | Oft waren die Jugendlichen auch in seiner Wohnung zu Gast und feierten zusammen Feste, wo sie auch in Hungerzeiten reich bewirtet wurden. | ||
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+ | Durch Pfarrer Pinsk lernten die Jugendlichen berühmte und interessante Persönlichkeiten wie den Schriftsteller [[http:// | ||
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+ | Noch im Kriegsjahr 1944 unternahm er mit der [[: | ||
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+ | Zum Ausgehen legte er die Priesterkleidung ab und kleidete sich wie ein " | ||
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+ | Auch für die profanen Nöte von Gemeindemitgliedern in den schweren Nachkriegswintern zeigte er Verständnis und "stand am Bahnhof Lichterfelde-Ost Schmiere", | ||
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+ | Um seinen Haushalt und die Schreibarbeit seiner vielen Manuskripte kümmerte sich Maria Junk, die ihm schon seit der Breslauer Zeit zur Hand ging. Auch ihre Schwester Elisabeth, die jahrelang in der Mädchenchoralschola sang, wohnte mit im Pfarrhaus. | ||
+ | ====Professorenzeit==== | ||
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+ | Auf Wunsch des Bischofs Weskamm legte er zum 30. September 1954 sein Amt als [[Pfarrer]] unserer Gemeinde nieder, um sich seinen vielfältigen anderen Verpflichtungen und Aufgaben zu widmen. Schon seit 1950 hatte er einen Lehrauftrag als Honorprofessor an der Hochschule für Musik inne, 1954 kam ein weiterer Lehrauftrag an der Freien Universität hinzu. Darüberhinaus kümmerte er sich um die Ausbildung von Priestern, hielt deutschlandweit Vorträge und war weiterhin schriftstellerisch tätig. Er wurde auch gebeten, die Predigt im Gottesdienst anlässlich der Bundesversammlung 1954 zu übernehmen. Als einer der ersten Fernsehpfarrer sprach er im Juni 1955 im ersten deutschen Fernsehen // | ||
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+ | Mit dem bischöflichen Auftrag, die theologische und wissenschaftliche Bildungsarbeit im Bistum wahrzunehmen, | ||
+ | Seine Schrift //" | ||
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+ | Die zweite und dritte Strophe des oft bei uns angestimmten Kirchenliedes [[musik: | ||
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+ | Seine letzten Jahre waren zunehmend auch von Krankheit überschattet. Er starb am 21. Mai 1957 bei der Trauung des Ehepaares [[http:// | ||
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+ | Er wurde unter großer Anteilnahme der Gemeinde [[:|Mater Dolorosa]] auf dem [[Sankt-Matthias-Friedhof]] in Berlin-Tempelhof beigesetzt. Seit 1997 befindet sich sein Grab in einer gemeinsamen Grablege mit seinem Vorgänger [[Franz Nafe]] und sein Nachfolger [[Werner Heltemes]]. | ||
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+ | =====Werke (Auswahl)===== | ||
+ | * Die Missa Sicca, Jahrbuch für Liturgiewissenschaft (4/1924), S. 90-118 | ||
+ | * Liturgiegeschichte von 1500 bis 1800, Jahrbuch für Liturgiewissenschaft, | ||
+ | * Die Einheit der Kirche, Religiöse Besinnung, I (1928), 45 | ||
+ | * Das katholische Bildungsideal in seiner Auswirkung in den höheren Mädchenanstalten (1928) | ||
+ | * Die Vereinigung katholischer Akademiker zu Berlin in: Heinrich Bachmann (Herausgeber), | ||
+ | * Die Kirche Christi als Kirche der Völker, Aufsatz (1935) | ||
+ | * Zum 25. Abtsjubiläum des Abtes von Maria Laach, Liturgisches Leben 5 (1938) | ||
+ | * Die sakramentale Welt (1938) | ||
+ | * Mit Carl Johann Perl: Das Hochamt - Sinn und Gestalt der hohen Messe, Salzburg/ | ||
+ | * Hoffnung und Herrlichkeit (1944) | ||
+ | * Apostolat des Geistes. Das Programm des katholischen Akademikerverbandes, | ||
+ | * Krisis des Faustischen - Unliterarische Betrachtungen zu Goethes Faust, Berlin, Oswald Arnold Verlag (1948) | ||
+ | * Mysterium crucis (1952) | ||
+ | * Bilder aus dem Leben unseres Heilandes (1952) | ||
+ | * Grundsätzliche und praktische Erwägungen zur christlichen Verkündigung im marianischen Jahr (1954) | ||
+ | * Donum Dei (Weihnachten 1955) | ||
+ | * Schritte zur Mitte (1957) | ||
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+ | =====Siehe auch===== | ||
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+ | * [[personen: | ||
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+ | =====Weblinks===== | ||
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+ | * [[http:// | ||
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+ | =====Weitere Quellen===== | ||
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+ | * Pfarrarchiv | ||
+ | * Berliner Petrusblatt vom 14. Mai 1982 | ||
+ | * Johannes Pinsk gestorben zu Berlin am 21. Mai 1957; Seelsorger 27, (1956/57), S. 414-416 | ||
+ | * Bernhard Müller-Schoenau: | ||
+ | * Johannes Günther: Johannes Pinsk (1891–1957) in: Wolfgang Knauft (Herausgeber), | ||
+ | * Berliner Petrusblatt vom 14. Mai 1982 | ||
+ | * [[personen: | ||
+ | * Paul Hiller (Begründer) / Arbeitskreis Historisches Lankwitz: Chronik Lankwitz. Lankwitzer Heimatbuch [1239–1989]; | ||
+ | * Eberhard Amon: Johannes Pinsk (Liturgisches Jahrbuch, Band 43); Münster, Westfalen 1993, 121-127 |